Klappholttal – Eine Inselliebe in den Sylter Dünen

Denkt man an Sylt, denkt man unweigerlich an Westerland, Kampen mit dem Promigehabe, List und Fischbrötchen-König Gosch und den Champagner-Orgien von Sachs und Co. in den 70er.

Hunderttausende jedoch denken an Klappholttal, der Akademie am Meer, an Yoga, Tanzen, Malen, Vogelkunde, Nordic Walking und Qi Gong. Ich ebenso.

Zwischen Kampen und List, liegt eins der begehrtesten und mehrere Hektar großes Naturschutzgebiet, von dem die Immobilienmakler seit Jahrzehnten Gott sei Dank nur träumen dürfen – es ist eine Volkshochschule.

VHS unter Denkmalschutz

Unantastbar trotzen die unter Denkmalschutz stehenden kleinen Holzhäuschen mitten in den Dünen nahezu jeder Bedrohung.

Wikipedia:
Als Klappholttal (friesisch (frasch): Klapholtdääl, dänisch: Klapholtdal) bezeichnete man ursprünglich ein Dünental nördlich von Kampen auf der Nordsee-Insel Sylt. Heute befindet sich dort die gleichnamige „Akademie am Meer“, das so genannte „Nordseeheim Klappholttal“. Der Name Klappholttal stammt aus dem Friesischen und bedeutet wörtlich übersetzt „Klappholz‑Tal“. Klappholz ist das durch Wind und Wetter „zusammengeklappte“, krumm wachsende, teilweise als Dickicht imponierende Nadel-Unterholz. Es ist ausgesprochen malerisch und bietet künstlerischen Bestrebungen reichen Gegenstand. In der Nähe befindet sich auch das „Kasseler Lager“, das Jugendseeheim des Landkreises Kassel…

Die Warteliste ist lang

Abschalten, Stressabbau, Ruhe und Neufindungsprozesse mit Bewegung an frischer Luft, Entspannungstechniken und Körperbewusstsein zu erlernen, machen nur einen Bruchteil der Möglichkeiten des Programmangebots der VHS aus.

Dafür Reklame schieben muss ich an dieser Stelle jedoch nicht. Die Wartelisten sind lang und die Akademie ist durchgängig ausgebucht.

In der Saison ist die Insel für gut hundert Euro mit dem Flieger von Berlin – und vielen anderen Städten – mehr als bequem zu erreichen. Der Flug über Hamburg, dann raus auf die Nordsee, immer die Küste und die Inseln entlang, ist nach 40 Minuten Sylt erreicht.

Die Abfertigungshalle und die Kofferausgabe im Westerländer-Flughafen sind nicht viel größer als meine Wohnung. Der erste Eindruck bezaubert trotzdem.

Die S-Klasse- und die Porsche-Panamera-Taxis verwirren – scheint aber Pflicht zu sein bei den Inselschönen. Durch Westerland und Kampen durch, empfiehlt der Taxifahrer gleich mal die Whiskey-Meile. „Ich will nach Klappholttal, in die Akademie an Meer“, sag ich – „ach, so“, sagt er und erinnert sich, das ja meine Nordic-Walking-Stöcke in seinem Kofferraum liegen.

Von der Hauptstraße runter, einmal links den Berg hoch – später fast täglich mit Stöckchen – und die VHS ist erreicht. Der Empfang wie immer perfekt, wartet mein Zimmer im Haus Südpol auf mich.

Der Kontrast könnte nicht größer sein – heile Inselwelt im Vergleich gegen Hauptstadt. Das Häuschen links auf halbem Weg zur Strandtreppe gleich über Uthland in die Ecke gedrückt, schmeichelt merkwürdig altertümlich.

Die Zeitmaschine

Bei mir setzt ein Zeitsprung ein, als ich die Zimmertür öffne. Schullandheim, Camping, wildes zelten und Jugendherberge strömen auf mich ein. Gut 30 Jahre in nur einer Sekunde zurück – was für eine Euphorie.

Ich muss an den Strand. Mitten in den Dünen ist es merkwürdig still. Kein Wind, kein brausen – auch kein Internet oder Wlan. Die Treppe hoch, rein in die Sonne, ran an den Strand, Schuhe aus und einfach nur laufen. Bis ins tosende Meer hinein.

Der halbe Kurs lümmelt schon in den Strändkörben rum. Bekannte und unbekannte Gesichter laden zum Plausch. Eins haben sie alle gemein, infiziert vom Klapptholttal- und Insel-Virus sind sie alle schwerelos, lastlos und frei. Offen für neues, gewagtes, spirituelles, ist die Gier danach zu spüren.

Morgens um acht

Qi Gong und Nordic Walking – für Ältere versteht sich – steht für sieben Tage auf meinem Programm. Morgens um acht Uhr geht es los – vielleicht auch mit einem Tänzchen zum Aufwärmen.

„Mein Name ist Manfred, ich komme aus Berlin und freue mich auf eine schöne Woche mit euch.“

Meine Inselliebe in den Dünen hat mich wieder.

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