Stuart Staples Tindersticks : Von den Massakern der Liebe

Es gibt wohl keine britische Band, die dermaßen versnobt auf den Bühnen der Welt tritt wie die Tindersticks. Im Gegensatz zu den meisten Kollegen versuchen sie nicht zu verbergen, dass sie englische Dandys sind. Bei ihren Auftritten tragen sie Anzüge und die Sprache, in der sie Interviews verwenden, kann man wohl nur als Upper-Class-Englisch bezeichnen.

Die Arroganz ist allerdings berechtigt. Vollkommen unabhängig vom Britpop und den anderen englischen Musikströmungen bevorzugen die Tindersticks einen dunkeln, chansonartigen und vielschichtigen Sound. Wo ihre Zeitgenossen oft direkt und auf den Punkt musizieren, sind die Tindersticks gemächlich, machen dichte und schwierige Lieder, die mit anspruchsvollen Texten und wieder kehrenden Melodien überlagert werden, getragen von murmelndem Gesang und melancholischer Orchestrierung.

Stuart Staples (Gesang), David Boulter (Keyboard), Dickon Hinchcliffe (Violine), Neil Fraser (Gitarre), Mark Cornwill (Bass) und Al McCauley (Schlagzeug) kommen 1992 in Nottingham zusammen. Der Name stammt von einer Streichholzschachtel, die Staples an einem Strand in Griechenland findet.

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Spiegel.de: Das Pop-Geschäft ist nichts für empfindsame Gemüter. Tindersticks-Sänger Stuart A. Staples wäre an dieser Erkenntnis fast verzweifelt. Doch dann gelang seiner Band ein wundersames Comeback. Zum 20-jährigen Jubiläum spielen die Briten alte Songs mit neuer Zuversicht.

„Als vor zehn Jahren alles zum Stillstand kam, dachte ich, die Musik in mir wäre tot.“ Stuart A. Staples ist ein freundlicher und stiller, sehr höflicher Mann, und er sagt einen so tonnenschweren Satz mit einem schüchternen Lächeln, als wolle er seinen Gesprächspartner gar nicht mit so viel existentieller Bitterkeit belasten. Staples, lebt seit langer Zeit mit seiner Familie in einem kleinen Landhaus in Frankreich, aber seine Britishness hat sich der Exil-Londoner bewahrt. Graumelierter, auch rundlicher ist er geworden, doch das dandyhaft Melancholisch, das ihn Anfang der neunziger Jahre zu einem der faszinierendsten britischen Songwriter und -Sänger machte, ist noch immer greifbar, selbst in einem Berliner Straßencafé, so weit entfernt von einem opiumvernebelten viktorianischen Salon, wie man sich vorstellen kann.

Tindersticks heißt die Band, mit der Staples 1993 im dunklen Anzug und brütender Romantik die Bühne betrat. Es war die Zeit der ersten britischen Rückbesinnung auf Handgemachtes und Indie-Werte nach den flirrend-poppigen Achtzigern. Musiker brachten ihre Platten aus Trotz gegen die Wegwerf-CD-Kultur in Eigenregie auf Vinyl heraus oder veröffentlichten bei neu gegründeten, unabhängigen Labels wie Domino.

Die Tindersticks klangen schon damals wie keine andere Band, gehorchtem keinen Trend, schon gar nicht der aufkommenden Britpop-Bewegung mit ihrem Faible für Beatles und Schweinerock. Ihr somnambuler Tragik-Pop ertrank vielmehr in sehnsüchtig schwelgenden Streicher-Arrangements oder gab sich Vibraphone-, Glockenspiel- oder Saxophon-Exzessen hin. Lounge-Jazz und Northern Soul wurden wahlweise in dunkle Kammern der Seelenqual gezerrt oder unter an französischen Stränden an die frische Luft gesetzt. Staples erzählte dazu im brüchigen Bariton von den Massakern der Liebe. Man wollte Whisky trinken zu dieser Musik. Oder in Rotwein baden.

Von den Massakern der Liebe

Tindersticks – Slippin‘ Shoes, The Something Rain (2012)

Lyrics:

I was feeling raped
By my desire to give
So much that I had to lose
But giving isn’t something you can choose
Time lies dead

Hey, we could put on our shoes
We can celebrate when our hearts break and go laughing through that noose
Hey, we could put our shoes back on
Trample down the flowers that grow on the ones we’ve loved

I hear you fell off your shoe
Running into town, there was so much you had to do
In a crowded station too
Crying on your knees

Hey, we could put on our shoes
We can celebrate when our hearts break and go laughing through that noose
Hey, we could put our shoes back on
Trample down the flowers that grow on the ones we’ve loved

Running, running, running
Into that blue
Dancing, dancing, dancing
The party through
A party for our demise

Hey, we could put on our shoes
We can celebrate when our hearts break and go laughing through that noose
Hey, we could put our shoes back on
Trample down the flowers that grow on the ones we’ve loved

Hey, we could melt them down for glue
Those horses that once carried our dreamings through that same old blue…


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